Viele Brandenburger haben auf die Lockerungen der Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus nach mehreren Wochen Stillstand des gesellschaftlichen Lebens gewartet. Auf Grundlage des Bund- Länder-Beschlusses vom 15. April wurden diese von der Landesregierung rasch beschlossen und traten am 22. April in Kraft. Gerade für Selbstständige und kleine Unternehmen sind die Lockerungen ein wichtiger Lichtblick in einer besonders für sie sehr schwierigen Lage. Grundlage für diesen Schritt war das disziplinierte Verhalten der Brandenburgerinnen und Brandenburger in den letzten Wochen.
Essenziell ist in unseren Augen nun aber auch dem bisher von den Lockerungen ausgenommenen Hotel- und Gaststättengewerbe eine Perspektive zu geben. Denn: Die Betriebe sind nicht weniger als ein zentraler Bestandteil des öffentlichen Lebens, in dem darüber hinaus in Brandenburg 36.000 Menschen beschäftigt sind. Ihre Schließung ist eine Grundrechtseinschränkung und muss daher stets auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Die Branche ist besonders hart von den Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus betroffen. So sind in Brandenburg schätzungsweise 2.000 der insgesamt 6.000 Betriebe von einer dauerhaften Schließung bedroht. Zusätzlich sehen wir die Gefahr einer nachgelagerten Insolvenzwelle, da große Teile der Branche im Saisonbetrieb Frühjahr und Sommer den Hauptteil ihrer Einnahmen erwirtschaftet.
Wir begrüßen die am 23. April von der Großen Koalition im Bund beschlossene von Juli 2020 bis Juni 2021 geltende Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen auf 7%. Diese konjunkturelle Spritze wird für den Wiederanlauf des Geschäfts wichtig sein, aber die Branche braucht zusätzlich ein Signal dafür, wie und wann sie mit der Öffnung beginnen kann. Klar ist, dass dieser Impuls, so wie alle Diskussionen über weitere Lockerungen, abhängig vom Infektionsgeschehen ist. Die Voraussetzung für die Umsetzung der folgenden Anregungen ist ein Infektionsgeschehen, das den Gesundheitsämtern eine konsequente Kontaktnachverfolgung ermöglicht und eine Überlastung unseres Gesundheitssystems vermeidet. Am 6. Mai sollen diese Kriterien zwischen Bund und Ländern evaluiert werden, eine Lockerung der Maßnahmen im Hotel- und Gastronomiebereich könnte dann am 9. Mai in Kraft treten. Wir setzen uns darüber hinaus begleitend für die Einführung einer europäischen „Corona-Tracing“-App ein. Die genannten Parameter gilt es stetig – unter regionalen Gesichtspunkten – zu überprüfen.
1.
In einem ersten Schritt sollen Gaststätten, Bars, Schankwirtschaften und Kneipen, die einen Außenbereich besitzen, diesen für den Publikumsverkehr öffnen dürfen. Hier herrscht eine verhältnismäßig geringe Möglichkeit der Ansteckung. Für diesen Schritt müssen vom Betreiber in Zusammenarbeit mit der DEHOGA und den Gesundheitsbehörden notwendige Sicherheits- und Hygieneregeln getroffen werden:
Die Betreiber müssen umfassende Hygieneleitlinien und ein Hygienekonzept erarbeiten.
Zwischen den Tischen ist ein Abstand von mindestens 1,50 Metern einzuhalten.
Das Personal hat einen Mund- und Nasenschutz zu tragen.
Zeitgleich dazu sollen Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Ferienwohnungen, Wohnmobil- und Campingplätze sowie Hausbootsvermietungen den touristischen Übernachtungsbetrieb unter folgenden Sicherheits- und Hygiene-Auflagen wiederaufnehmen dürfen:
Personal und Gäste haben in den öffentlich zugänglichen Bereichen einen Mund- und Nasenschutz zu tragen.
Gemeinschaftsräume, Wellnessbereiche und der Gastronomiebetrieb (ausgenommen Außenbereich) haben zu schließen.
Frühstück und Essensangebot soll via Room-Service oder Care-Pakete stattfinden.
Ggf. sollen die Maßnahmen auch über eine Reduzierung des Zimmerangebots gewährleistet werden.
2.
In Abhängigkeit der Entwicklung des Infektionsgeschehens und der gesammelten Erfahrungen, kann in einem zweiten Schritt, der im ersten Schritt definierte Gastronomiebetrieb auch im Innenbereich wieder aufgenommen werden, sofern die genannten Sicherheits- und Hygieneregeln gewährleistet werden.
Folgende Punkte sollen weiterhin beachtet werden:
Die vorgeschlagenen Lockerungen gelten immer unter den bestehenden Kontaktbeschränkungen der jeweils geltenden Anordnung zur Eindämmung des Coronavirus.
Verstoßen Betreiber gegen die Auflagen, soll die Schließung von der zuständigen Ordnungsbehörde unmittelbar angeordnet werden können.
Die Wiederaufnahme des Hotel- und Gastronomiebetriebes soll möglichst unbürokratisch erfolgen. Sofern also z.B. eine Genehmigung zur Außengastronomie aus dem vergangenen Jahr vorliegt, soll diese bis auf Widerruf gelten.
Wir sprechen uns für ein abgestimmtes Vorgehen mit den Ländern Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern aus.
Wir appellieren grundsätzlich an ein Vorgehen, das die Eigenverantwortung der Unternehmer, öffentlicher Dienste und Bürger wieder stärker in den Blick nimmt. Staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft waren kurzfristig richtig, widersprechen auf lange Sicht aber den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Soforthilfen und ähnliche Maßnahmen haben sich als Reaktion auf Krisen bewährt, müssen aber maßvoll eingesetzt werden. Wir sehen dies als notwendig für den Erhalt unserer gesellschaftlichen Grundlagen an.